Galeriebrief 4/2005

25. Oktober 2005 bis 14. Januar 2006

ROBERT MANGOLD, Column Paintings 2005.
Seit vielen Jahren ist das Oeuvre von Robert Mangold dadurch gekennzeichnet und strukturiert, dass es sich in koherenten und kontingenten Werkgruppen entfaltet. Diese entwickeln eine Eigengesetzlichkeit und irgendwann, nach Massgabe des Künstlers, sind die Möglichkeiten ausgeschöpft und der entsprechende Bildzyklus ist vollendet und unwiderruflich abgeschlossen.

Erstaunlicherweise akkumulieren sich noch während der Beschäftigung mit einem Bildthema, das in zirkulärer Regelhaftigkeit die Elemente des Bildes und des Bildermachens verknüpft und orchestriert, neue Ideen, Findungen und Erfindungen.Die Zäsuren sind jeweils deutlich, trotzdem handelt es sich nicht um radikale Brüche und Neuorientierungen, sondern um eine schöpferische Erweiterung und Bereicherung des Gesamtwerkes.

2002 entstehen die ersten 'Column Paintings'. Die Anspielung auf ein in der Architektur gebräuchliches Gestaltungselement macht deutlich, dass diese Bilder hoch und schmal angelegt sind. Trotzdem wird die Wandfläche in all ihren Ausdehnungen in Anspruch genommen und der Bezug zum Fussboden ist eindeutig und klar. Mit Autorität und Souveränität setzt Robert Mangold eine Bildform in ihr Recht, deren Rolle und Präsenz in der Tradition und der Moderne unübersehbar ist. Assoziationen stellen sich ein, Erinnerungen an sehr verschiedene Bilder aus dem Fundus der Kunst- und Bildergeschichte. Oftmals war es die knapp gefasste aufrechte oder liegende menschliche Gestalt, die Bildgeschehen und Bildformat so zu einem natürlich bedingten Ganzen fügte. Aber auch die Bildfunktion im grossen Zusammenhang mit Architektur ermöglichte diesen ungewöhnlichen Bildtypus, der eine Absage an das Bild als Fenster zur Welt bedeutet. Das gedehnte Hochformat, wie im Uebrigen auch das gedehnte Querformat, akzentuieren das Bild als Objekt. Mangold gebraucht dieses besondere Format als bewusste formale Setzung und Voraussetzung. Es konditioniert und konturiert alle weiteren Entscheidungen. Das Bildobjekt, im Sinne von Edmund Husserl, bildet eine Einheit mit dem Bild als Objekt. Das Bild repräsentiert nichts Abwesendes, stillgestellt ist es die Anwesenheit einer Einheit. Demgemäss behandelt und bearbeitet der Maler Robert Mangold die Oberfläche der aufgespannten Leinwand. Die malerische Handschrift ist zurückgenommen, die verdünnte Farbe trägt er in Schichten mit dem Farbroller auf. Direkt mit der Hand und ohne weitere Hilfsmittel sind hingegen die gekurvten Linienformationen gezeichnet, die sich an dem zugrunde gelegten, sichtbaren Linienraster und an den Bildrändern orientieren. In verschiedenen Strichstärken sind die Kurven gesetzt und, wie in den Bildern der letzten Jahre, kommt die merkwürdige Doppellinie zum Einsatz, die einer schmalen Fläche gleicht. In Längsrichtung durchfliessen die gespannten Bögen das überdehnte Hochformat. Im bedächtigen Entstehungsprozess alterniert die Arbeit mit Linie und mit Farbe. So entsteht ein transparenter Bildraum. Mangold's Meisterschaft als Kolorist erweist sich in der Art und Weise, wie er Farbe und Farbigkeit und deren Abschattung einzusetzen weiss. Farbe ist Licht und Materie, durchlässig und strahlend bei hellen, reinen Farbflächen und weiterhin lichthaltig bei feinen, gebrochenen bis dunklen Tönen.

In einer Zeit steten und schnellen Bilderverbrauchs hält Robert Mangold daran fest, dass es Ambition und Aufgabe des Künstlers ist, gültige Bilder zu schaffen. Bilderverzehr als Phänomen der Massengesellschaft betont die Dominanz des Momentanen, das noch im selben Atemzug der Vergänglichkeit überantwortet wird. Ohne jedes Pathos gemahnt das Werk von Robert Mangold daran, dass Widerspruch möglich ist, mit grossen, stillen Bildern.

Neue Publikationen:

Fred Sandback – Drawings 1968-2000
Edition Annemarie Verna Galerie, 2005

The Art of Richard Tuttle
ed. Madeleine Grynsztejn, SFMOMA, 2005

Giulio Paolini – Esposizione Universale
ed. Dieter Schwarz, Kunstmuseum Winterthur, 2005