Galeriebrief 4/2007

13. September bis 3. November 2007

ANDREAS CHRISTEN (1936 – 2006)
Am 8.Februar 2005 bestand, überstand Andreas Christen die anstrengenden Stunden der Eröffnung seiner Ausstellung, der letzten, von ihm bestimmten und erarbeiteten Präsentation neuer Werke. Besonders vier grosse Objekte wollte er sehen und wollte er zeigen. Peter Giger, der Modellschreiner, hatte diese realisiert. Die Perfektion und Verlässlichkeit von Peter Giger hat Andreas über viele Jahre gerne in Anspruch genommen. In den Galerieräumen konnten nun diese Werke unter adäquaten Bedingungen in Erscheinung treten. Jede Ausstellung war ihm präzise Setzung. Eine knappe und fundierte Werkschau unter Ausschluss jeglicher Beliebigkeit.

Der Gegenstand als Gegenüber des Künstlers und des Beschauers, diese Konstellation umreisst genau Ausgangs- und Endpunkt der Arbeitsweise und der Ueberzeugungen von Andreas Christen. Dem Gegenstand, dessen mentaler und pragmatischer Verpflichtung hat er sein Interesse entgegen gebracht, als Künstler und als Gestalter.

In zwei Wirkungskreisen war Andreas Christen tätig, Kunst und Produktform. Diese berühren sich, aber sie überschneiden sich nicht. Mit guten Gründen hat er deshalb die beiden Welten separiert, obschon er jeweils notwendige Lernprozesse übertragen, Erfahrungen verwenden konnte. Er wurde nicht müde, diese Arbeitsgebiete, ihre Voraussetzungen und ihre Ziele scharfsinnig zu definieren. Ernst Tugendhat thematisiert und beschreibt die intellektuelle Redlichkeit in einer neuen Publikation als eigenständigen, sich selbst genügenden Wert. Eine solche Norm, man könnte sie als künstlerische und intellektuelle Redlichkeit bezeichnen, erachtete Andreas lebenslänglich als verbindlich. Wollte man seine Arbeit als nicht zeitgemäss ins Abseits drängen, so musste man sich schon dieser unbequemen Norm entledigen. In den Augen von Andreas fehlten dazu alle guten Gründe.

Künstler und Gestalter führen einen konstruktiven Dialog mit dem Gegenstand, es ist dies eine Art geben und nehmen. So ist Andreas Christen zu seinen Resultaten, seinen Objekten gekommen. Seinen zwei Tätigkeiten gemeinsam ist die Tatsache, dass das Ding zunächst gedacht, geplant wird, dass seine Herstellung sich dazwischen schiebt. Das dabei involvierte Risiko wird durch Erfahrung minimiert, also mehr Deduktion als Induktion. Um zum Essentiellen zu gelangen ist solcherart Lebensarbeit ein guter Weg. Genauso wie Andreas Christen davon überzeugt war, dass es nicht tausende guter Stühle geben kann, genauso sah er für seine Arbeit in den letzten Lebensjahren die Chance, in wenigen Werken, kleinen Differenzen das Gemeinte, das Wesentliche erbringen zu können.

Stückzahl, Funktion und Technologie sind für den Entwerfer von Gebrauchsgegenständen verbindliche und willkommene Vorschrift. Abnehmer ist der Benutzer. Das Kunstwerk dagegen richtet sich an die Wahrnehmung und dem Betrachter sollen weder überflüssiges Material noch überflüssige Form aufgenötigt werden. Dass Raum, Licht, Form, Sehen ein Kontinuum bilden und der Wahrnehmende an der Konstitution des Bildwerkes beteiligt ist, diese Art visueller Erkenntnis ermöglichen die Objekte von Andreas Christen.

Unsere Ausstellung vereinigt Werke der frühen sechziger Jahre mit den letzten Arbeiten. Die grosse Begabung und die lange Erfahrung schliessen sich zum Lebenskreis.