ANDREAS CHRISTEN

Ausstellung vom 8. Februar bis 16. April 2005
 

ANDREAS CHRISTEN (1936*)
Seit gut fünfzehn Jahren verwendet Andreas Christen als Material für seine Werke MDF-Platten. Die Teile werden zugeschnitten und zusammengefügt. Sie bleiben so als Fläche autonom. Die verschiedenen geneigten und aneinanderstossenden Ebenen bilden Linien. Diese sind keine illusionistisch erzeugten Flächenteilungen, sondern reale Faktoren eines ganzheitlichen räumlichen und formalen Geschehens. Die fertigen Objekte sind geschliffen und weiss gespritzt, sodass ihre Materialität zugunsten eines einheitlichen visuellen Eindrucks zurücktritt. Die Abstimmung der matten weissen Farbe ist das Resultat vieler Versuche und langer Erfahrung. Lichtbedingte Abschattungen definieren die geneigten Flächen deutlich. Licht und Schatten werden als die Basis räumlichen Sehens evident.

Der Neigungswinkel der Flächen und deren formale Gliederung, die Repetition der Elemente, sowie die internen und externen Proportionen sind die Gestaltungsmittel. Die Begrenzung des Objekts dient der Artikulierung der unendlichen Ausdehnung des Raumes. Diese Begrenzung ist oftmals als Fragment bestimmt, als Ausschnitt aus einer übergreifenden Struktur. Der Beschnitt kann aber auch der Quadratstruktur eines Werkes folgen. Bisweilen werden Teile an den Randzonen einer Arbeit weggelassen. Das Ineinandergreifen von formaler Binnenorganisation und Umraum verweist so auf die virtuelle Fortsetzung der Struktur im unendlichen Raum.

Raum ist für den Künstler und Gestalter Andreas Christen von elementarer Bedeutung. Räumlichkeit ist ihm eine Realität erster Ordnung.

Gegenstände vermessen und akzentuieren den Raum. Anhand von Objekten wird Raum erst sichtbar. Vom Menschen gemachte Gegenstände repräsentieren kulturelle Leistungen und Werte, die die Welt bewohnbar und erfahrbar machen. Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände beanspruchen und deuten den Lebensraum. Die fundamentale Bedeutung des Raumes ist Ausgangspunkt des Schaffens und der Ueberlegungen des Künstlers. Seine Arbeiten sind das Rüstzeug, um über Raum zu diskutieren.

Die Werke, weder Bilder noch Reliefs, intervenieren im Kontinuum räumlicher Erfahrung. Sie unterbrechen und strukturieren es. Isoliert und begrenzt werden damit räumliche Eigenschaften thematisiert. Der unbewusste Wahrnehmungsvorgang wird zu einer bewussten Wahrnehmungstätigkeit. Bedingungen räumlichen Wahrnehmens werden anschaulich. Das geschaffene Objekt umschliesst kein Volumen und ebensowenig schliesst es Raum aus. Die Werke verweigern sich allen weiteren Projektionen und Sinnzuweisungen.

Für Andreas Christen sind Aufgabe und Rolle des bildenden Künstlers bestimmt und eingegrenzt. Die Beziehung des Gegenstandes zu den Möglichkeiten des menschlichen Wahrnehmungsapparates bilden eine unerschöpfliche und produktive Thematik.

Gianfranco Verna