Galeriebrief 2/2003

7. Mai bis 15. August 2003

RICHARD TUTTLE (1941*) CELEBRATION
Bereits während der Ausstellungsvorbereitung hat Richard Tuttle das anzukündigende Ereignis benannt. Er hat so eine Prämisse gesetzt, die auszudeuten uns zukommt, ohne aufgrund von Werkeinsicht durch Beschreibung und Analyse das Ereignis zu schmälern. Für die diejenigen, die mit dem Werk und der Arbeitsweise des Künstlers vertraut sind, macht die im Titel unterstellte Aufforderung durchaus Sinn. Noch ist das, was zu feiern ist, eine un-bestimmte Verpflichtung. Neues und Unbekanntes steht an, das keiner linearen Entwicklungs-logik entspricht. All das Vorwissen, über das jene Werkbeobachter verfügen, die das Schaffen des Künstlers über viele Jahre begleiten, soll nicht zur Falle geraten, in welche dieser zu tappen hat.

Diese Arbeitsweise ist aber nicht klevere Methode, um des Ueberraschungseffektes willen. Vielmehr ist dies der Weg, auf dem die künstlerische Arbeit zu sich selbst findet. Konventionen und zeitgemässe Kodierung entlasten zwar den Kunstbetrachter. Die Vorfreude bestreitet aber der Freude ihren verdienten Platz. Solchem Missverstehen Hand zu bieten verweigert sich der Künstler, und er ist bereit, dafür den Preis zu bezahlen. Misslingen und Gelingen sind darum auch Verbündete in einem ernsten Spiel.

Auf eigentümliche Weise wird die Erwartung des Künstlers mit der Erwartung des Betrachters in eins gesetzt. Raum, Ort und Zeitpunkt, wo sich alle Beteiligten zusammenfinden, ist die Ausstellung. Entsprechend bedeutsam ist deshalb ihr Stellenwert.

Vierzehn Einzelausstellungen von Richard Tuttle zeigte die Galerie Annemarie Verna seit 1974. Allesamt ohne Zweifel denkwürdige Manifestationen eines Künstlers, der an sich selbst und an seine Freunde immer höchste Anforderungen stellt.

Eine grosse Retrospektive ist in Vorbereitung. Sie wird im nächsten Jahr im San Francisco Museum of Modern Art SFMOMA ihren Anfang nehmen und in der Folge in fünf weiteren amerikanischen Museen gezeigt werden.