Galeriebrief 4/2014

9. Oktober bis 29. November 2014

Colorcomb   Joseph Egan

Wirklichkeit und Möglichkeit, dieses Begriffspaar ist für viele Ausführungen zur Aesthetik und Kunsttheorie von Bedeutung. Eine allzugrosse Anlehnung an die Wirklichkeit verspielt ein wertvolles Potential künstlerischer Praxis zugunsten einer fragwürdigen Verdoppelung des Vorgefundenen. Ist es nicht gerade der Bereich der Möglichkeit, den die grossen Werke der Kunst veranschaulichen und in den die grossen Künstler ihre Meisterschaft investierten?

Wirklichkeit versus Möglichkeit kann als Spannungsverhältnis aufgefasst werden und Künstlerschaft ist ohnehin einem praktischen Lebensgebäude und einem reflektiven Gedankengebäude verbunden. Der Möglichkeit den Vorzug zu geben impliziert eine Abkehr von der Wirklichkeit, ohne diese aus dem Gesichtsfeld zu verlieren. Langsam nur, Schritt für Schritt, werden die Gewichte verschoben, die eigene Identität entsteht anders und neu durch das schöpferische Tun im Kunstbereich. Die Formen, die Mittel und die Gegebenheiten im Felde der Kunst sind von Traditionen und Regeln, von Geschichte und Aktualität geprägt. Eine Vereinfachung ist es zu unterstellen, dass der Künstler hier frei sei um jene Auswahl zu treffen, die ihm zusagt. Seine Disposition, seine Sensibilität, sein Temperament werden dem Strudel hart umkämpfter Oppositionen ausgesetzt. Dass es gelingt, ein eigenes Werk und letztendlich ein Lebenswerk zu formulieren und damit Sichtbares in bisher unbekannter Form und Kohärenz zu vergegenständlichen ist Herausforderung und Leistung gleichermassen.

Joseph Egan, geboren 1952 in Scranton, Pennsylvania, USA, ist unserer Galerie seit mehr als zwanzig Jahren verbunden. Auf die Wanderjahre, die ihn schliesslich in die Schweiz geführt haben und auf das sorgfältige und ernsthafte Ausprobieren seiner Künstlerschaft soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Jedenfalls fand 1992 in unseren Räumen eine erste Einzelausstellung statt. Colorcomb ist mittlerweile die neunte Einzelpräsentation, im Rückblick ein langer gemeinsamer Weg. Das Abenteuer, im Bereich der Möglichkeit künstlerische Tätigkeit zu entfalten zeitigte in regelmässiger Folge gewichtige Ausstellungen, die ihrerseits sorgfältig komponierte Ereignisse darstellten.

Der eingangs geschilderte Transformationsprozess war für Joseph Egan sicher ein Lebensthema. Entscheidungsbereitschaft und Sicherheit haben sich allmählich eingestellt und über die Jahre gefestigt angesichts und mit Hilfe der Werke, mit denen sich der Künstler seinen Lebensraum gebaut hat und weiter baut.

Seine Kunst ist jedoch nicht Ausdruck von Biographie und Befindlichkeit, vielmehr sind die Werke mit Farbe und Material und Farbe als Material gebaute Objekte, Gegenstände die vom Künstler in die Welt entlassen werden um so ihren Ort zu finden und jeweils ihre besondere Funktion, ihre geheimnisvolle Aufgabe, zu erfüllen. Sie sind Gefäss und Heimstätte einer Intensität, die zum Rezipienten finden will. Dass sie dabei spürbare Sympathie für diejenigen Betrachter ausdrücken, die zum Dialog und zur Freundschaft bereit sind soll in keiner Weise verleugnet werden. Dies ist eine seltene und authentische Qualität dieser Werke, nennen wir es ein intentionales Brückenkonzept und eine Eigenschaft, die sich mit vielen weiteren Eigenschaften zu einem Ganzen zusammenschliesst.

Der wichtige Bestand von Malereien auf Papier und Leinwand darf nicht unerwähnt bleiben. Diese Arbeiten, die öfters in umfangreichen Folgen entstehen, auch auf Reisen und ausserhalb des Ateliers, entwickeln mit spontaner Gestik formale Themen, erproben Transparenz und Dichte und vermitteln die Freude an malerischer Erfindung und Freiheit. Eine angemessene sorgfältige und präzise Rahmung betont den eminenten Stellenwert dieser Werkgruppe.

Ausstellungen:

James Bishop
David Zwirner Gallery New York ,
6.9. – 25.10.2014

Glen Rubsamen, «Jäger & Sammler in der zeitgenössischen Kunst», Museum Morsbroich, D-Leverkusen , 21.9.2014 – 11.1.2015

Richard Tuttle , Whitechapel Gallery London , 14.10. – 14.12.2014

Richard Tuttle, «I Don’t Know or the Weave of Textile Language», Tate Modern London Turbine Hall ,
14.10.2014 – 6.4.2015

Rita McBride, Public Tilt, Museum of Contemporary Art San Diego
10. Oktober 2014 bis 8. Februar 2015,

16. November 2008 – 2033
Sol LeWitt
A Wall Drawing Retrospective

Yale University Art Gallery and Williams College Museum of Art